Wie kam der Engel aufs Engelsdorfer Wappen?

Ein Engel auf dem Engelsdorf Wappen bietet sich an. Der geneigte Leser weiß eventuell, dass es sich hierbei um Angelus, den Engel des Herren, handelt. Wie steht es aber um die restliche Symbolik? Zwei Lindenbäume und eine Erdkugel? Im Zuge der Verjüngungskur des Wappens beschäftigte sich der Autor intensiver mit der Materie. Wieder einmal ist ein Verstehen der Gegenwart nur im historischen Bezugsrahmen möglich.

Hintergrund

Leipzig streckte wiederholt seine Finger nach Engelsdorf aus. Doch die »Engel« wollen partout nicht vom »Löwen« vereinnahmt werden. Sie blieben wehrhaft. Am 01. Januar 1999 gelang es den »Löwen« im zweiten Übernahmeversuch. Es folgte die Zwangseingemeindung.
Nicht so bekannt ist, dass die »Engel« den ersten Leipziger Versuch in den 1920er Jahren abwehrten. Federführend hierfür war der damalige Bürgermeister Arthur Winkler, Namenspate der gleichnamigen Straße.
1923 verschmelzten die beiden Nachbardörfer Engelsdorf und Sommerfeld und wehrten gemeinsam die drohende Eingliederung in die Messestadt ab. Zusammen zählten sie 7000 Einwohner. Um diesem Sieg Ausdruck zu verleihen, erstellte ein unbekannter Künstler ein Siegel – das heutige Engelsdorfer Wappen.
Die beiden Lindenbäume sind demnach die beiden Dörfer Engelsdorf und Sommerfeld. Angelus soll schützend seine Hand über beide legen und jegliches Unheil von ihnen abwenden. Bei genauer Betrachtung entsteht der Eindruck, dass der Engel die Bäumchen entwurzelt. Ein böses Ohmen? Der Boden, auf dem er steht, symbolisiert die Bodenständigkeit der hier damals lebenden Bauern. Im Widerspruch dazu sind die Flügel zu interpretieren. Auffällig anders als sonstige Engelsflügeldarstellungen entschied sich der Künstler für die Flügel der Reichsbahn. Denn ohne die Eisenbahn wäre Engelsdorf nicht Engelsdorf.

Offizielle Verwendung fand das beschriebene Siegel nicht. Im Laufe der Zeit geriet es in Vergessenheit. Der Zufall ließ es viele Jahrzehnte später den damaligen Bürgermeister Volker Zocher finden. Anfang der 1990er Jahre übergab Zocher das Siegel an Dagmar Dittrich. Sie restaurierte es und entwickelte daraus das Ortswappen. Nachträglich kolorierte sie es nach eigenem Verständnis.

»Dieses Wappen ließ sie sich meines Wissens schützen«, erinnert sich Zocher. »Jahre später kam eine Kräuterlikör-Firma auf uns zu und wollte unser Wappen für seine Flaschen lizenzieren. Die haben das eine Weile als Engelskräuter vertrieben.«

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